Naturschutztage 2020 am Bodensee

Zum Jahreswechsel habe ich mich auf den Weg zu den Naturschutztagen am Bodensee in Radolfzell und damit zu der größten regelmäßigen Fachveranstaltung für Naturschutz in Deutschland aufgemacht und gebe hier einen kleinen Erfahrungsbericht des ersten Tages wieder.

Statt zwischen den Jahren in einen kurzen Winterschlaf zu verfallen, habe ich mich kurzerhand  am 03.01.2020 auf den Weg zu den Naturschutztagen am Bodensee in Radolfzell aufgemacht. Diese Veranstaltung wird zusammen von dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Naturschutzbund Deutschland (NABU) organisiert und fand in diesem Jahr bereits zum 44. Mal statt. Die Naturschutztage fungieren dabei nicht nur als Jahresauftakt und Möglichkeit zum Austausch rund um das Thema Naturschutz, sondern sind sogar die deutschlandweit größte, regelmäßig stattfindende Fortbildungs- und Informationsveranstaltung für Naturschutzaktive und Umweltinteressierte. Grund genug also, die knappe Stunde Zugfahrt auf mich zu nehmen und vor Ort vorbeizuschauen.

 

·         1. Tag: "Klimaschutz von heute bis 2030"

·         2. Tag: "Landwirtschaft global bis regional"

·         3. Tag: "Nachhaltiger Konsum"

·         2. und 3. nachmittags: Seminare, Exkursionen und Workshops

·         4. Tag: "Naturschutz fern und nah"

 

Das Programm macht deutlich, für jeden Naturschutzinteressierten oder Naturschutzinteressierte ist etwas dabei. Dazu werden auch Seminare, Exkursionen und Workshops angeboten und es konnte beispielsweise das Bioenergiedorf Randegger Ottilien-Quelle oder das Besucherzentrums des Max-Plank-Instituts für Ornithologie besichtigt werden. Allein die Kulisse ist schon Anreiz genug für einen Besuch des Städtchens Radolfzells, wovon ihr euch selbst anhand der Bilder meiner Anreise überzeugen könnt. Radolfzell liegt nämlich am westlichen Teil des Bodensee bzw. dessen kleineren Ausläufer dem Untersee. Noch dazu reihen sich im Hintergrund bereits die Alpen auf. Also nicht nur für Naturschutzenthusiasten, sondern für nahezu jedermann und jederfrau ist der Ort auf jeden Fall einen Besuch wert. Zumal die Anreise per Regionalbahn auch leicht und günstig zu absolvieren ist.

 

Ich habe mir den Auftakt und damit den Klimaschutz als Schwerpunkt herausgesucht, wovon ich euch nun ein paar Eindrücke mitteilen möchte. Bereits am Eingang war klar, die Naturschutztage erfreuen sich großer Beliebtheit. Während der Veranstaltungsort (Milchwerk Radolfzell) von außen noch einen ruhigen Eindruck macht, sind drinnen die meisten Stände bereits gut besucht. Kein Wunder, denn das Angebot ist breitgefächert und daher lohnt es sich, auch schon vor den eigentlichen Streifzug durch die Hallen zu machen. Die Eintrittskosten fallen zudem mit 15 € pro Tag im Vorverkauf für eine Fachveranstaltung ziemlich niedrig aus. 

Man sollte zwar kein ausuferndes Messegelände erwarten, aber die Überschaubarkeit bringt auch bessere Kontaktmöglichkeiten mit sich. Stets waren die Standbetreuer und Standbetreuerinnen bereit, im Gespräch auf meine Nachfragen einzugehen. Von der Bedeutung verschiedener Käferarten für die Natur, von den Auswirkungen des internationalen Handels bis hin zur nachhaltigen Mobilität konnte man sich über vielfältige Themen informieren. Für letzteres hatte sich vor Ort der Landesverband Baden-Württemberg des VCD sowie einige Vertreter und Vertreterinnen aus der Region eingesetzt. Nicht nur konnte man sich als Besucher oder Besucherin mit Informationsmaterial eindecken, sondern Fragen zum Thema Mobilität direkt an den BFDler aus Stuttgart richten.

Am frühen Nachmittag ging es dann bereits mit der Eröffnung des Programms los, wobei Martin Staab (Oberbürgermeister der Stadt Radolfzell) den Anfang machte. Neben Klima- und Naturschutz war das im Jahr 2017 eingeführte Mobilitätskonzept ein Schwerpunkt seiner Rede, welches bereits zu einigen Erfolgen geführt hat. Beispielhaft dafür steht die Preisumgestaltung des Stadtbusses. Seit der Einführung eines Einzelfahrscheins für lediglich 1 Euro und der Jahreskarte für 365 Euro haben sich die Ticketverkäufe verdreifacht. Kein Wunder, denn schließlich konnte dieses Modell, worin pro Tag lediglich 1 Euro für die Nutzung des ÖPNV zu zahlen ist, ebenfalls bereits in der österreichischen Hauptstadt Wien und somit einer vielfach größeren Metropole Erfolge feiern. 

Mit Rita Schwarzelühr-Sutter war daraufhin eine renommierte Politikerin der SPD und Staatssekretärin des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit an der Reihe und informierte die anwesenden Personen über die Aktivitäten der Bundesregierung bezüglich der nationalen Klimaschutzziele. Inklusive eines kleinen Seitenhiebs auf Verkehrsminister Andreas Scheuer wurde eingestanden, dass in manchen Bereichen Nachbesserungsbedarf besteht. Im Bereich der nachhaltigen Mobilität, wo die klimarelevanten Emissionen eher stagnieren statt reduziert zu werden, sollen weitere Förderungen für den ÖPNV und Elektromobilität auf den Weg gebracht werden und als Beispiel für funktionierenden Klimaschutz wurde die zunehmende Verbreitung von Lastenrädern aufgeführt. Gleichzeitig sollen ambitionierte Ziele gesteckt werden, was ebenfalls der Meinung der nächsten Präsentierenden, Dennis Barth und Frida Mülhoff, der Fridays for Future Bewegung entspricht. Zum einen waren sie erfreut darüber, dass rückblickend im Jahr 2019 ein regelrechtes Aufwachen für klimarelevante Fragestellungen stattfand und zum anderen besorgt, dass die aktuellen Bemühungen im Sande verlaufen und selbst die naheliegenden Klimaschutzziele nicht erreicht werden können. Ihre Meinung nach solle das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, in Deutschland institutionalisiert und mit einem Staatsziel, einer Steuer und einem Klimagesetz verankert werden. Wahrscheinlich müsste man schon sehr kompromissbereit sein, um das aktuell diskutierte Klimapäckchen der Bundesregierung irgendwie unter einen Hut mit diesen Forderungen bringen zu können . . .

Auch wenn dieser Abschluss nun etwas trist erscheinen mag, lohnt es sich, die Naturschutztage in Radolfzell zu besuchen. Das machen Liste der Redner und Rednerinnen wie Jürgen Resch Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe und das weitere Programm deutlich. Wer sich einen tieferen Eindruck verschaffen möchte, kann online nachschauen. Es lohnt sich und der Termin für die nächsten Naturschutztage (03.01. bis 06.01.2021) steht natürlich auch schon fest. Die Wartezeit mag zwar etwas lang erscheinen, aber bis dahin können die Vorträge der letzten Jahre online nachgelesen werden.