»Warmgefahren« statt kaltgefroren

Kältehilfe auf Lastenrädern in Berlin

In Berlin gibt es etwa 10.000 Menschen, die kein eigenes Dach über dem Kopf haben - und die Zahl steigt weiter an. Da die bestehenden Hilfsangebote leider nicht für alle reichen, starteten die beiden Berliner Studenten Elias und Frederyk ihr Projekt »Warmgefahren« im Winter 2017. Sie wollen so unkomplizierte Vor-Ort-Hilfe leisten, indem sie mit ihren Lastenrädern durch Berlin fahren und Schlafsäcke und Kleidung an Obdachlose verteilen.
 

Darum geht es

Die bestehenden Hilfsangebote reichen leider nicht für alle. Helfen wollen die beiden Studenten Elias und Frederyk: Sie fahren den Winter über mit ihren Lastenrädern durch Berlin und verteilen Schlafsäcke und Kleidung an Obdachlose. Da Lastenräder aber sehr teuer in der Anschaffung sind, baten sie DIY um Hilfe. Gemeinsam unterstützten wir sie bei ihrer Crowdfunding-Kampagne, bewarben ihre Idee und vernetzten sie mit anderen Akteuren.

Mittlerweile bekommen die beiden weitere Unterstützung. Sogar Prominente waren dabei: Matthias Schweighöfer und Florian David Fitz haben dem Projekt Geld gespendet, welches am Set für Fehlverhalten wie Zuspätkommen gezahlt werden musste. Außerdem war »Warmgefahren« Projekt der Woche 6 beim Deutschen Fahrradpreis. Um mehr Aufmerksamkeit zu generieren, wurde im Februar 2018 ebenfalls unter dem Motto "Mehr Wärme für Berlin – Dein Lastenrad bringt’s" gemeinsam mit dem VCD Nordost in Berlin demonstriert. Trotzdem sind Elias und Frederyk weiterhin auf Spenden angewiesen, um ihr Projekt auch weiter am Leben zu halten.

Wie ihre Arbeit genau aussieht und woraus die Idee entstanden ist, kannst du im Interview mit Elias erfahren.

Elias über warmgefahren

 

1. Wie genau sieht dein Projekt aus? Beschreibe es mit drei Worten.

Obdachlosenhilfe - mobil - unkompliziert

2. Wie bist du auf die Idee zu dem Projekt gekommen? Warum braucht es das Projekt?

Die Idee war eine (weitere) sinnvolle Einsatzmöglichkeit von Lastenrädern zu finden. Obdachlosigkeit ist in Berlin ein großes Thema und im Stadtbild sehr präsent. Besonders in den Wintermonaten wird es für obdachlose Menschen auf den Straßen gefährlich und sie sind auf Initiativen angewiesen, die ihnen helfen, die Kälte gut zu überstehen. Letztes Jahr konnte ich beobachten, dass das Kältehilfe-System viel zu tun hat und nicht alle Menschen erreicht. Viele obdachlose Menschen verlassen ungern ihre Standorte – eine mobile Kältehilfe auf Lastenrädern erschien mir demnach sinnvoll und angebracht. Das Projekt „Warmgefahren“ bietet unkomplizierte und effiziente Hilfe für Bedürftige.

3. Was willst du verbessern?

In Zukunft möchte ich erreichen, dass noch mehr Menschen sich in unserem Projekt engagieren können – nur so können wir noch mehr Menschen erreichen und ihnen helfen.

4. Was war das Erste, was du gemacht hast?

Das Erste was ich getan habe, war zu recherchieren – mich mit dem Thema vertraut machen. Gleichzeitig habe ich angefangen viele verschiedene Menschen anzurufen, die bereits in dem Hilfesystem aktiv sind. Ich musste viel Zeit investieren, aber es hat sich am Ende gelohnt! Das Projekt ist gut angelaufen und wird sowohl von den Obdachlosen, als auch von Nicht-Obdachlosen gut aufgenommen.

5. Welche Schritte folgten? Gab es einen Plan?

Nachdem die Idee klar war, brauchten wir noch Lastenräder, da wir keine eigenen hatten. Also recherchierte ich erneut – und siehe da, VeloGut hatte Interesse daran uns zu unterstützen.
Einen richtigen Plan gab es nicht, das Projekt wurde im Prozess des Machens zu dem was es jetzt ist. Natürlich habe ich mir viele Gedanken gemacht, was ich mit meinem Projekt erreichen will, aber es ist auch viel spontan entstanden.

6. Hattest du Startkapital? Wenn ja, wie hast du das akquiriert? Gab es Förderer neben der Starthilfe von »DIY. Dein Mobilitätsprojekt«?

Gelder hatten wir von Anfang an nicht zur Verfügung. Wir wurden viel mit Material unterstützt, sodass wir wenig eigene Ausgaben hatten. In Zukunft benötigen wir jedoch auch Geld, um unser Projekt zu verbessern und um neue Ideen verwirklichen zu können.

7. Gab es Kooperationspartner*innen, mit denen du zusammengearbeitet hast? Wie hast du diese akquiriert?

Ja, die Berliner Obdachlosenhilfe e. V. unterstütze uns mit Sachspenden, die sie aus ihrem Netzwerk von Spendern bekamen und VeloGut stellte uns zwei Lastenräder für den Zeitraum zur Verfügung. Am Anfang kommt es darauf an viele Mails zu schreiben und Telefonate zu führen, sich mit Menschen zu treffen und seine Idee vorzustellen. Nicht jeder war von Anfang an begeistert von unserer Idee, vielleicht auch, weil sie nicht daran geglaubt haben, dass wir es so durchziehen wie wir es getan haben. In Zukunft werden wir noch mehr Partner akquirieren, um das Projekt weiter wachsen zu lassen.

8. Würdest du dein Projekt noch einmal genauso starten? Was würdest du anders machen?

Ich würde es wahrscheinlich genau so nochmal machen. Es hat alles wunderbar funktioniert, darüber bin ich sehr glücklich. Mir wurden wenig Steine in den Weg gelegt, sodass alles fast spielerisch geklappt hat.

Die Kältehilfe geht weiter: So könnt ihr helfen

Nicht nur im Winter brauchen obdachlose Menschen Kleidung, Getränke, Hygieneartikel und vorallem Beachtung. Aus diesem Grund sind Elias und Freddy das ganze Jahr über mit ihren Lastenrädern unterwegs und sind stetig dabei ihr Angebot zu erweitern. Zum Beispiel planen die Beiden für die nähere Zukunft eine mobile Suppenküche zu eröffnen. So wollen sie den aktiven Austausch fördern und herauszufinden, was die Menschen auf der Straße wirklich brauchen.

Ihr wollt die beiden unterstützen und dabei selbst aktiv werden? Dann meldet euch bei ihnen. Denn neben Spenden von Kleidung, Schlafsäcken und Isomatten werden stets helfende Hände und Füße gesucht, die selbst in die Pedale treten und Kältehilfe leisten. Elias und Frederyk freuen sich über weitere Unterstützer*innen.

1Raum - das Studio auf Rädern

Um noch mehr zu erreichen, haben Elias und Frederyk eine weitere Idee im Kopf:  Sie wollen den Obdachlosen nun eine Bühne geben. In einem wohnzimmerähnlichen Studio, das durch die Berliner Stadt fahren kann, sollen Menschen ohne Obdach Platz nehmen und von sich erzählen können. Gemeinsam mit Frieder hinter der Kamera soll den Menschen auf der Straße dadurch eine Stimme gegeben und ein wertfreies Bild erzeugt werden. Um die Situation loszulösen von den Aufenthaltsorten der einzelnen Personen, kam die Idee auf, hierfür einen neutralen Raum zu schaffen. Eine großartige Idee, die auch ökologisch funktioniert! Denn die Unterhaltungen werden in einem selbsgebauten Studio auf einem Fahrradanhänger stattfinden.

Zur Finanzierung haben die drei eine Crowdfunding Kampagne gestartet und erfolgreich beendet. Schau doch mal vorbei und sieh selbst, was genau das Team geplant hat.