Hol Dir die Straße zurück - ganz legal!

Fahrrad Auto Stadtplanung

2014 hat die Agentur Clevere Städte im Flächengerechtigkeits-Report für das (sehr fußgängerfreundliche) Berlin ein krasses Verhältnis zuungunsten umweltfreundlicher Fortbewegungsarten festgestellt. Etwa ein Drittel stehen den Fußgängern und gar nur drei Prozent stehen dem Report zu Folge dem Radverkehr zur Verfügung. Aber selbst dieser knapp bemessene Schutzraum wird mehr und mehr durch Raser, Falschparker, und allzu tolerante Ordnungsbehörden vereinnahmt. Radfahrer und Fußgänger kommen sich daher am Straßenrand zunehmend in das immer knapper werdende Gehege.

Ich habe Euch deshalb fünf Tipps zusammengestellt wie man den Raum der Euch von Gesetz wegen zusteht zurückerobert - ganz legal!

 

 

1. Parke Dein Fahrrad auf einem PKW-Parkplatz Deiner Wahl

Straßenverkehrsrechtlich gilt ein Radfahrer als Führer eines Fahrzeuges. Du darfst daher wie jeder andere Fahrzeugführer Dein Fahrrad längs am Straßenrand abstellen, sofern auf dem Gehweg kein Platz vorhanden ist und Du es übernacht mit einer handelsüblichen Parkwarntafel sicherst, wie man sie von Anhängern her kennt. Allerdings gilt auch bei Fahrrädern der Grundsatz, dass platzsparend geparkt werden muss. Es ist also nicht erlaubt - und auch nicht ratsam - mit dem Rad den Parkplatz für ein Auto freizuhalten. Besonders für Lastenräder oder Anhänger, die nur mit großem Aufwand im Haus untergebracht werden können ist Parken auf der PKW-Parkflächen empfehlenswert - Aber dabei immer an die Sicherung des Fahrzeugs denken!

 

2. Fahre mit Deinem Rad wo es erlaubt ist auf der Straße

Dort wo ein blaues Schild die Benutzungspflicht vorschreibt, hast Du keine Wahl. Du musst mit dem Rad den Rad- oder Gehweg wie vorgeschrieben benutzen, wenn Du keine Strafe riskieren willst. Immer mehr Städte und Gemeinden gehen seit einem Urteil aus dem Jahr 1997 dazu über, die Benutzungspflicht für Radwege Stück für Stück aufzuheben. Dort wo also die Benutzungspflicht nicht mehr gilt oder der "blaue Lolli" (Zeichen 237, 240 oder 241) nicht an jeder Kreuzung erneut auf die Benutzungspflicht hinweist, darf man als Radfahrer die (in Deutschland) häufig unsicheren Radwege abseits der Straße verlassen und auf der Straße fahren. Wie das am besten geht, zeigt der nächste Abschnitt.

 

3. Fahre mit Deinem Fahrrad möglichst weit in der Mitte der Straße.

Klar, gilt auch für Fahrräder in Deutschland das Rechtsfahrgebot, trotzdem darfst Du - dort wo keine Markierung in Form eines Schutzstreifens oder Radstreifens vorhanden ist - nur in einem gewissen Abstand zum Fahrbahnrand fahren, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Zum Fahrbahnrand, zum Gehweg oder zu parkenden Autos sind laut aktueller Rechtsprechung immer mindestens 0,8 bis ein Meter Abstand zu halten - vom Lenkerende wohl gemerkt. Hältst Du Dich also rechtskonform (und zur eigenen Sicherheit) an die vorgesehenen Abstände, fährst Du ziemlich genau in der Fahrbahnmitte der rechten Spur. Das ist zwar nicht Jedermann's Sache und erfordert eine gewisse Portion Mut, aber es hilft den motorisierten Verkehr zu entschleunigen und alternative Verkehrsarten attraktiver zu machen.

 

4. Lass Dich in der Spielstraße nicht an den Rand drängen

Welche/r Autofahrer/in hält sich noch an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit und Parkverbote? Erlaubt ist was gefällt. Erlaubt ist aber auch, dass Du die ganze Straße zum Laufen und Spielen benutzen darfst, wenn der Autoverkehr dadurch nicht mehr als nötig behindert wird. Außerdem, darfst Du die ganze Straßenbreite ausnutzen, also auch nebeneinander fahren oder laufen. Da ohnehin nur Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf, kannst Du völlig legal zu Fuß oder mit dem Rad vor einem Auto herlaufen - das ist erlaubt und angebracht, wenn man möchte, dass in naher Zukunft wieder Kinder die Spielstraßen für sich entdecken können sollen.. (§10 StVO und Zeichen 325).

 

5. Halte Dich als Autofahrer streng an Tempolimits

Wer sich an das Tempolimit hält, wird häufig bedrängt und überholt, denn Tempoüberschreitungen werden mittlerweile vorausgesetzt und toleriert, um den Verkehrsfluss ja nicht zu behindern. Dabei sind es gerade Tempoverstöße, die zu den häufigsten UND gefährlichsten Unfallursachen im Straßenverkehr gehören. Fahre also wo es geht, langsamer als erlaubt, denn Höchstgeschwindigkeit heißt nicht Tempolimit PLUS X, sondern MINUS X! In § 3 Abs. (2) StVO heißt es konkret:

"Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, daß sie den Verkehrsfluß behindern."

Aber was heißt nun "zu langsam"? Eine Kommentierung der STVO hilft weiter:

"Zu langsam fährt idR, wer auf Autobahnen weniger als 80km/h, auf sonstigen Strassen außerorts weniger als 60km/h, innerorts weniger als 30km/h fährt, obwohl eine solche Geschw. nach den Umständen obj. und für einen durchschnittlichen Fahrer auch subj. vertretbar wäre." (Bouska/Leue Seite 20 Rd.-Nr.6).

Vertretbar wäre es also demnach innerorts mit 40-45km/h zu fahren, wo 50 km/h erlaubt sind. Der Bremsweg verringert sich bei 40 km/h um bis zu satte 9 m gegenüber Tempo 50! Einem Fußgänger könnte dieser Unterschied schon das Leben retten!

 

Wie Ihr seht, kann man  man selbst sehr viel tun für eine nachhaltige und gerechte Flächenverteilung, aber bitte denkt immer daran, dass Ihr Euch dabei nicht selten als schwächere Verkehrsteilnehmer in Gefahr begebt! Deshalb achtet dabei ganz besonders auf den Verkehr und vor allem auf Euch selbst!

Gerne könnt Ihr hier oder auf Facebook unter dem Hashtag #StrasseZurueckerobern weitere Ideen und Argumente für ganz legale Aktionen und Verhaltensweisen posten.

Wenn Ihr selber aktiv werden wollt, könnt Ihr ab sofort zusätzlich mit der VCD-Toolbox Euer Revier markieren und den Anspruch auf mehr Lebensqualität im Viertel verdeutlichen und andere zum mitmachen animieren. Weitere Infos dazu, findet Ihr hier: www.vcd.org/strasse-zurueckerobern/