Fährst Du noch oder schwebst Du schon?

Auto

Autofahren kann High machen und Glücksgefühle auslösen. Der Grund: Das im Verhältnis zum Krauftaufwand hohe Tempo im Auto täuscht einer evolutionsbiologisch sehr alten Gehirnregion vor, dass man idealtypisch mit seinen Ressourcen haushaltet und erhält als Belohnung eine kleine Portion Endorphine. Nicht anders ist es zu erklären, dass wir wenn wir autofahren auch gerne mal schneller als erlaubt unterwegs sind.

Dass der eine oder die andere Zeitgenossin diesen Rausch gerne auch mal ohne Not auskostet erkennt man daran, dass im großstädtischen Bereich für zwei von drei Autofahrten überhaupt keine Sachzwänge bestehen, die das Auto als Fortbewegungsmittel nötig machen. Sehr häufig wären das Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel sogar die besseren Fortbewegungsarten, nur leider bleibt einem der Kick bei fünfzehn Ampelstopps oder drei mal Umsteigen regelmäßig verwehrt und ganz unterbewusst entscheidet man oder frau sich dann eben doch wieder für den motorisierten Untersatz anstatt für den wenig berauschenden Gang zur nächsten Bushaltestelle.

Wie bei allen rauschähnlichen Zuständen, neigt man offensichtlich also auch beim Autofahren zu Missbrauchsverhalten und Vermeidungsverhalten gegenüber alternativen Strategien und im Gegensatz zu allgemein als suchtfördernd anerkannten Drogen, gibt es aber trotz der für alle Beteiligten extrem schädlichen Nebenwirkungen weder Therapieangebote oder Entwöhnungskurse noch Selbsthilfegruppen, um das gefährliche Laster in den Griff zu kriegen. Ganz im Gegenteil: Stolz zeigen langjährige Autofahrer ihre Plakette für 20, 30 oder 50 Jahre unfallfreies Fahren. Statt das Mindestalter für den ersten Rausch anzuheben, wird es herabgesetzt und in Internetforen wird mit der jeweils größten und schnellsten Darreichungsform dieses schnellen Kicks geprahlt ohne dass auch nur eine Stimme des Protestes laut wird.

Vergleicht man nun die verschiedenen Drogenangebote fällt auf, dass nicht etwa Alkohol, Crystal Meth, Heroin oder gar Rauchen für die meisten Todesopfer weltweit verantwortlich zeichnen sondern - wer hätte es gedacht - Verkehrsunfälle an Platz 9 der Mortalitätsstatistik stehen. Damit nicht genug, die Statistik weist darüber hinaus zwischen 2000 und 2011 eine dramatische Steigerung von 1 auf 1,3 Million Todesopfern aus.

Wo im Normalfall die Alarmglocken anfangen zu schrillen und die Politik nicht zögert exekutive und legislative Maßnahmenbündel zu schnüren, tritt sie statt dessen als Dealer auf und sorgt dafür, dass zum Beispiel durch Abwrackprämien, Pendlerpauschalen und großzügige Zuschüsse für den Straßenbau, jederzeit Nachschub für das legal High Auto vorhanden ist.

Ruft man sich angesichts der über 3500 Todesopfer jährlich in Deutschland noch einmal die Tatsache ins Bewusstsein, dass für zwei Drittel aller PKW-Fahrten kein triftiger Anlass besteht, kann man sich in etwa ausrechnen, welchen Beitrag jeder Einzelne leisten kann, wenn er/sie auf das Auto verzichtet, wenn es nicht nötig ist. In diesem Sinne euch allen eine gute und sichere Fahrt.


www.welt.de/gesundheit/article118285782/Die-Liste-der-weltweit-haeufigsten-Todesursachen.html