Kinderschutz im Tourismus: Don’t look away!
Was macht ECPAT? Welches Projekt beschäftigt Euch im Moment besonders?
ECPAT Deutschland e.V. (End Child Prostitution, Child Pornography And Trafficking of Children for Sexual Purposes) ist ein bundesweiter Zusammenschluss von 29 Organisationen, Hilfswerken und Beratungsstellen. Die Arbeit des Vereins und seiner Mitgliedsorganisationen wird vom Grundsatz der UN-Kinderrechtskonvention geleitet, dass jedes Kind, das heißt jede Person unter 18 Jahren, Anspruch auf umfassenden Schutz vor allen Formen der kommerziellen Ausbeutung und sexueller Gewalt hat. ECPAT Deutschland e.V. setzt sich ein für die Einhaltung und Achtung der Kinderrechte, wie sie in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen und in seinen Zusatzprotokollen festgeschrieben sind. ECPAT engagiert sich in verschiedenen Arbeitsbereichen (Politik, Justiz, Wirtschaft und Bildung) und führt in Zusammenarbeit mit staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen, Kampagnen und Projekte zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit durch. ECPAT Deutschland e.V. ist Mitglied von ECPAT International - einer internationalen Kinderrechtsorganisation mit Sitz in Bangkok (Thailand). Es ist die Geschäftsstelle des Netzwerks, dem aktuell 86 Gruppen in 78 Ländern angehören.
Aktuell beschäftigt uns besonders das Projekt „Don’t look away“. ECPAT Deutschland e.V. verfügt über langjährige Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Tourismussektor. Seit Jahren werden Unternehmen und Ausbildungsstätten erfolgreich von ECPAT Deutschland in Bezug auf Kinderschutz im Tourismus geschult. Das EU- "Don't look away" - Projekt (2012-2015) baut auf diesen Erfahrungen auf und zielt darauf ab, die "Kultur des Wegschauens" zu durchbrechen. "Don't look away - be aware & report the sexual exploitation of children in travel and tourism!", das von EuropeAID finanziert wird, ist eine Kooperation mit fünf ECPAT Gruppen aus Österreich, Frankreich, Luxemburg, Polen und den Niederlanden und zusätzlichen 16 assoziierten Partnerländern (Rumänien, Tschechien, Spanien, Italien, Schweiz, Estland, Vereinigtes Königreich, Belgien, Bulgarien, Ukraine, Brasilien, Kenia, Madagaskar, Senegal, Südafrika und Gambia).
Konkret visiert das Projekt zwei große Ziele an: Zum einen die Stärkung der Rolle von Tourismusunternehmen in Bezug auf Kinderschutz, zum anderen die Sensibilisierung von Reisenden für die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern in Tourismusdestinationen. Über neu eingerichtete Meldeseiten wird Reisenden die Möglichkeit eingeräumt werden, bei Verdachtsfällen aktiv zu werden und diese an die verantwortlichen Stellen zu melden.
Die Projektziele sollen erreicht werden durch:
1.) Die deutsche Meldeplattform www.nicht-wegsehen.net (seit Mai 2014 online); sie bietet Reisenden zwei Möglichkeiten, Verdachtsfälle von sexueller Ausbeutung von Kindern zu melden:
- Personen, die eine Straftat melden möchten, finden eine direkte Weiterleitung an die zuständige Stelle beim Bundeskriminalamt
- Diejenigen, die sich nicht sicher sind, ob es sich bei der von ihnen beobachteten Situation um eine Kindesgefährdung handelt und diese als Straftat gilt, können ihre Beobachtungen ECPAT Deutschland e.V. mitteilen.
2.) Eingebettet ist die Deutsche Meldeseite in die europäische Meldeplattform www.reportchildsextourism.eu , die einen Überblick über alle europäischen Meldemechanismen gibt (seit März 2014 online). Die europäische Meldeplattform www.reportchildsextourism.eu zur Meldung von Beobachtungen oder Fällen der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Tourismus ist neben Englisch, Spanisch und Französisch auch auf Deutsch verfügbar. Auf der Seite finden Sie unter anderem Handlungssempfehlungen, wie bei einer auffälligen Situation reagiert werden kann. Zunehmend mehr Länder führen nationale Meldemechanismen ein -aktuell Polen-, die auf der europäischen Plattform zusammengeführt werden.
Warum engagiert sich ECPAT insbesondere im Tourismus so stark?
Den Stein ins Rollen brachte die von kirchlichen Organisationen in Auftrag gegebene Studie »Caught in Slavery«, die 1990 auf einem Kongress in Chiang Mai (Thailand) vorgestellt wurde. Sie dokumentierte zum ersten Mal das Ausmaß der sexuellen Ausbeutung von Kindern durch Touristen in Asien. Die Ergebnisse dieser Studie gaben Menschenrechtsgruppen, Kinderschutzinitiativen, entwicklungspolitischen und kirchlichen Organisationen Anlass, noch im selben Jahr eine Kampagne unter dem Namen ECPAT »End Child Prostitution in Asian Tourism« zu gründen. Nach wenigen Jahren wurde klar, dass es mit einer Kampagne allein nicht getan war – und ECPAT als NGO wurde geboren. Das Akronym blieb, seine Bedeutung wurde jedoch ausgeweitet zu End Child Prostitution, Child Pornography And Trafficking of Children for Sexual Purposes, was die Kernarbeitsbereiche aller ECPAT gruppen weltweit verdeutlicht. Wir setzen uns ein gegen die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern im Tourismus, gegen Kinderhandel und gegen Kinderpornographie.
Für eine Prävention und Sensibilisierung zukünftiger Tourismusfachleute führt ECPAT Deutschland e.V. in Zusammenarbeit mit der Polizei Schulungen an Ausbildungsstätten und Hochschulen durch. Zudem hat ECPAT die lokale Vertretung der Tourismusinitiative The Code (www.thecode.org) inne und unterstützt Unternehmen bei der Unterzeichnung des Kinderschutzkodex‘ und der Entwicklung konkreter Kinderschutzmaßnahmen.
Was tut die Reisebranche? Engagieren sich nachhaltig orientierte Reiseveranstalter in diesem Bereich stärker als andere Veranstalter?
Nachhaltiges Wirtschaften schließt nicht nur die ökonomische und ökologische Komponente ein, sondern bezieht sich auch auf soziale Aspekte. Die Tourismusbranche hat in ihrer Geschäftstätigkeit viele Berührungspunkte mit den unterschiedlichen Feldern der Menschenrechte und muss sich dieser Verantwortung stellen. Der Bereich Kinderrechte im Tourismus wird zunehmend auch von Seiten der Reisenden/KundInnen von Reiseveranstaltern kritisch nachgefragt, wie die letzte EED-Reiseanalyse (2010) deutlich gezeigt hat.
Vor allem Reiseunternehmen und Hotels stellen sich weltweit zunehmend dieser Verantwortung und implementieren konkrete Maßnahmen des Kinderschutzes. Ein sehr konkretes Instrument dafür stellt der Verhaltenskodex zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus (The Child Protection Code) dar, der von der Organisation The Code betrieben und monitort wird. Egal, ob kleine Familienunternehmen oder große Hotelketten – Kinderschutz kann und muss überall fester Bestandteil der Firmenphilosophie und Geschäftstätigkeit sein. Der Weg dahin ist einfacher, als viele denken! ECPAT berät und unterstütz Unternehmen gerne bei der Entwicklung konkreter Maßnahmen.
Was können wir als Reisende tun?
Nicht nur die Tourismusbranche, sondern auch jede/r Reisende trägt die Verantwortung, die Rechte der Kinder im Tourismus zu stärken und zu schützen. Es gibt viele Möglichkeiten zu handeln:
- Zeigen Sie Zivilcourage zu Hause und am Urlaubsort, halten Sie Augen und Ohren offen - und schweigen Sie nicht bei Verdacht auf kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern. Sehen Sie nicht weg!
- Informieren Sie Polizei, Reiseleitung, Hotelleitung oder Provider, wenn Sie auf Reisen, in den Medien oder im Internet Hinweise auf sexuelle Ausbeutung von Kindern finden.
- Meiden Sie Bars und ähnliche Örtlichkeiten, in denen Touristen offensichtlich Kinder für sexuelle Zwecke „kaufen“.
- Sprechen Sie mit Ihren KollegInnen und FreundInnen über Kinderprostitution, Kinderpornografie und Kinderhandel.
- Fordern Sie von der Regierung Gesetze, die Kinder vor sexueller Ausbeutung schützen. Eine staatenübergreifende Rechtsprechung bringt die Täter in ihrem Heimatland vor Gericht. Gesetze gegen Kinderhandel müssen sicherstellen, dass das betroffene Kind als Opfer gilt.
- Informieren Sie sich bei der Bundesregierung über die Umsetzung des deutschen Aktionsplans gegen kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern.
- Unterstützen Sie die Kinderschutzprojekte der in ECPAT mitarbeitenden Hilfswerke.
- Melden Sie Verdachtsfälle über folgende Adresse: www.nicht-wegsehen.net
Welche Länder sind besonders betroffen?
Die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im Tourismus findet weltweit mal verborgen, mal sehr offensichtlich sowohl innerhalb von Ländern als auch über Landesgrenzen hinweg statt. Sie lässt sich nicht auf einzelne Regionen beschränken, aus diesem Grund sind auch global alle Regierungen sowie die Tourismusbranche und alle Reisenden zum Handeln aufgerufen!
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