Es muss etwas passieren! ABER bitte nicht vor meiner Haustür!

„Aber…!“ Auf dieses kleine Wort stieß ich in letzter Zeit immer öfter und in den unterschiedlichsten Situationen. Gerne findet es Anwendung, wenn „gut begründet“ gegen etwas argumentiert wird, das dem eigenen Nutzen und Empfinden nicht entspricht. 

Besonders laut und vehement wird das „ABER“, sobald das eigene Umfeld direkt von Veränderungen betroffen ist. Häufig trifft man es beispielsweise in der Nähe von Windkraftanlagen (derzeit gibt es insgesamt 800 Bürgerinitiativen gegen Windkraft), beim Bau von Sozialwohnungen oder auch in Seitenstraßen, die für den Fußverkehr gesperrt worden sind. Generell ist es doch so: Eine umweltfreundliche und sozialverträgliche Veränderung ist immer super! ABER nur wenn diese mich nicht betrifft und mein Alltag davon auch nicht belastet wird. 

Nicht ausgesprochen, dennoch spürbar, hing mitten in Kreuzberg ebenfalls ein großes „Aber bitte nicht hier!“ in der Luft, als ich im letzten Monat bei der Eröffnung der Parklets in der Bergmannstraße war. Gesäumt von schönen Restaurants und Geschäften durchzieht die namensgebende Bergmannstraße das Bergmannkiez. Nett, hipp und vor allem alternativ wird der Kreuzberger Kiez und damit auch dessen Bewohner beschrieben.

Viele von ihnen bewegen sich zu Fuß, mit dem Bus oder mit dem Fahrrad fort, was sich laut Stadtrat Florian Schmidt auch in den Autozahlen wiederspiegelt. Denn gerade einmal 20% der Anwohner besitzen hier einen eigenen 1,5 Tonnen schweren, motorisierten Untersatz. Bewusst oder unbewusst bewegen sich die meisten Kreuzberger somit nachhaltig fort und das sollte doch belohnt und gefördert werden, oder? Zu diesem Zweck wurde am 15.03.18 die erste Begegnungszone in Form von modularen Parklets eröffnet, mit dem Ziel den Fußverkehr zu stärken und die Aufenthaltsqualität zu verbessern.

Nutzung öffentlicher Flächen als neuer Begegnungsraum. Ein guter Gedanke, der eigentlich der Mehrheit im Bergmannkiez entgegenkommen sollte. Trotzdem verhielt es sich am Eröffnungstag der zwei Parklets anders als erwartet. Aussagen wie „Das ist eine Verschandelung der Bergmannstraße! Dieser Gentrifizierungswahn!“, „Das nutzt doch eh kein Mensch!“ oder „Wo präsentiert man denn jetzt seinen Luxuswagen, wenn so viele Parkplätze wegfallen?“ wurden bereits zu Beginn der Veranstaltung in den Raum geworfen.

Dass zu den zwei sehr schlicht gehaltenen Parklets Kritik und gewisse Sorgen geäußert werden, ist ohne Frage zulässig und auch schon aus anderen Städten wie Stuttgart bekannt. Aus diesem Grund befindet sich die Begegnungszone Bergmannstraße vorerst in einem Testlauf, der dazu dient Kritiken und Sorgen aufzufangen und Anmerkungen der Anwohner in die spätere Ausgestaltung der Bergmannstraße einfließen zu lassen. Bürgerbeteiligung spielte und spielt somit eine große Rolle bei der Gestaltung und der zukünftigen Verkehrsberuhigung der Bergmannstraße.

Neue Aufenthaltsqualität, geringerer Verkehrslärm oder Teilnahme an Gestaltungsprozessen waren am 15.03.18 jedoch nicht die entscheidenden Schlagwörter, die einen hellhörig werden ließen. Interessanter und wichtiger waren für die Umstehenden eher die Wortkombinationen „Wegfallen von Parkplätzen“ und „zukünftige Parkraumbewirtschaftung“, die das „ABER bloß nicht!“ direkt greifbar machten. Sobald diese Worte gefallen sind, war es relativ egal, welche Möglichkeiten sich mit den neuen Begegnungszonen für die Allgemeinheit ergeben könnten, denn dem eigenen Autofahrerwohl wurde nun offiziell der Krieg erklärt. Angesichts der direkten Beraubung von öffentlichem Raum, der eigentlich 24 Stunden lang dem eigenen Auto zur Verfügung stehen sollte, steht die Akzeptanz der neuen Begegnungszonen unter einem schlechten Stern.
Jedoch gilt es weiterhin abzuwarten, denn es besteht immer noch die Chance, dass die ersten wärmeren Sonnenstrahlen auch die Autofahrer und kritischen Unternehmer aus ihren Blechbüchsen und Geschäften locken und sie zum Verweilen einladen. Bis dahin zieren die Schaufenster der Bergmannstraße Plakate mit der Aufschrift „ Begegnungszone nein danke“.

Was sind bekannte Argumente gegen Parklets?

Hier die 6 häufigsten Argumente gegen Parklets:

  1. Kundenparkplätze fallen weg und das wirkt sich auf die Geschäftszahlen aus (hierbei wird häufig auf die Begegnungszone Maaßenstraße hingewiesen). Zudem kann der Lieferverkehr die Gewerbetreibenden nicht mehr gut erreichen.
  2. Übermöblierung des öffentlichen Raums, die keiner nutzen wird. Grund: keiner möchte sich auf eine laute und stark befahrene Straße setzen.
  3. Verdrängung des Parkverkehrs in die Seitenstraßen.
  4. Steigender Lärmpegel durch Alkohol trinkende Personen, welche die Parklets als neuen Aufenthaltsort nutzen.
  5. Nicht genehmigte Nutzung von Parklets als zusätzlicher Gastronomiebereich
  6. Zusätzliche Belastung der Verkehrssituation durch die Parklets selbst und durch die Personengruppen, die das Parklet nutzen.


Eröffnung der Parkletts im Bergmannkiez in Berlin

Besonders laut und vehement wird das „ABER“, sobald das eigene Umfeld direkt von Veränderungen betroffen ist. Häufig trifft man es beispielsweise in der Nähe von Windkraftanlagen (derzeit gibt es insgesamt 800 Bürgerinitiativen gegen Windkraft), beim Bau von Sozialwohnungen oder auch in Seitenstraßen, die für den Fußverkehr gesperrt worden sind. Generell ist es doch so: Eine umweltfreundliche und sozialverträgliche Veränderung ist immer super! ABER nur wenn diese mich nicht betrifft und mein Alltag davon auch nicht belastet wird.