„Ein Monat mit dem Pedelec“ Mein Erfahrungsbericht über einen Selbstversuch

Im Rahmen des „Projekts 2050“ vom ökologischen Verkehrsclub VCD bekam ich die Möglichkeit, einen Selbstversuch mit dem E-Bike zu starten: Einen Monat lang fuhr ich mit dem Pedelec zur 15 Kilometer entfernten Berufsschule.
Normalerweise nahm ich „bequem“ den Bus. Busfahren bedeutet allerdings auch, dass man morgens nur mit Glück einen Sitzplatz ergattert, dass es unheimlich laut ist, da alle durcheinander reden und wenn ich Pech habe, wird mir von dem Geschaukel auch noch schlecht. Die Luft ist stickig und man fühlt sich wie eine Ölsardine in der Dose! Busfahren ist mir aber dennoch wesentlich lieber, als z.B. mit dem PKW zu fahren: Ich habe aus Prinzip kein eigenes Auto, da ich die Umwelt und meinen Geldbeutel schonen möchte.

Ich freute mich also über die Möglichkeit, einen Monat lang mit dem Elektrofahrrad zur Schule zu fahren. Auch, weil ich bisher gewisse Vorbehalte gegenüber Elektrofahrrädern hatte, da ich diese eher der Altersgruppe 70+ zuordnete und mir nur schwer vorstellen konnte, selbst mit so einem Vehikel durch die Gegend zu düsen. Es war also an der Zeit, mit Vorurteilen aufzuräumen und dem Pedelec eine Chance zu geben. Statt lauter Schüler: Vogelgezwitscher, statt stickiger Luft: Frischluft ohne Ende. Nur ich und das Fahrrad. Ich konnte es kaum erwarten!
Im Sommer, einen Monat vor den Sommerferien, startete ich meinen Selbstversuch. Das Pedelec mietete ich direkt vor meiner Haustür beim Marschtreff Hetlingen an. Und dann konnte es auch schon losgehen.

1. Woche

Es ist früh und ich bin müde, aber auch voller Freude auf meine erste Fahrt mit dem E-Bike. Das Wetter ist super, was für ein Glück! Das Fahrrad hole ich nebenan aus seiner Garage und mir wird ein bisschen bange zumute, mich mit diesem Gefährt in der Öffentlichkeit blicken lassen zu müssen, da es nun wirklich keinen Design-Award verdient hätte, sondern eher wie ein Seniorenmobil anmutet. Meine Schulsachen versuche ich in dem kleinen Fahrradkorb zu verstauen, da ich nun nicht, wie sonst, einen großen Rucksack mitnehmen kann. Etwas eng, aber es passt. Schnell noch geschaut, ob der Akku des Fahrrads auch ordentlich voll ist. Jo, ist voll. Also kann es losgehen!
Der Weg entlang der Feldwege ist super idyllisch und ich sause dahin. Es ist wirklich klasse, wie schnell man ohne große Anstrengung mit dem E-Bike fahren kann.
Die Vögel zwitschern, die Unattraktivität des Fahrrads ist schnell vergessen und ich fahre singend und pfeifend des Weges. Ab und an überhole ich mühelos einen angestrengten Radfahrer, der es leicht hechelnd mit einer Steigung aufnimmt und kann mir ein freches Grinsen nicht verkneifen. :-) Es macht wirklich Spaß, mit dem Pedelec zu fahren! Wenn das so weitergeht, werde ich nie wieder einen Bus besteigen.
Blöderweise ist schon nach zehn Kilometern der Akku nur noch zur Hälfte gefüllt, sodass ich zwei Gänge runterschalten muss, um auch für den Rückweg noch genug Power zu haben. Da war ich wohl ein bisschen zu schnell unterwegs!

Der Rückweg ist weniger von positiver Stimmung geprägt. Nach acht Stunden Unterricht bin ich total kaputt und habe einen riesigen Hunger. Also schnell, schnell nach Hause. Der Weg zieht sich ganz schön und ich habe das Gefühl, ewig unterwegs zu sein. Hat denn das Fahrrad keine integrierte „Beam-Funktion“ à la Star Trek?!

2. Woche

Es regnet, aber es gibt ja bekanntlich kein schlechtes Wetter, sondern nur die falsche Kleidung! Ärgerlicherweise habe ich keine vernünftige Regenhose, so dass ich absolut durchnässt und übler Laune die Berufsschule erreiche. Eine Wechselhose habe ich aber natürlich dabei und somit ist die schlechte Laune bald verflogen. Schnell noch einen heißen Tee aus der Cafeteria geholt und schon kann die Schule losgehen. Hoffentlich hab ich mir keinen Schnupfen eingefangen! Auf dem Weg zurück nach Hause ist es trocken und ich habe auf dem Hinweg extra etwas Strom gespart, so dass ich den Rückweg gefühlt mit Lichtgeschwindigkeit bestreite.

3. Woche

In dieser Woche ist der einzige Weg, den ich zurücklege, der zum Wasserkocher, um mir neuen Erkältungstee aufzubrühen. Mich hat es erwischt und die Berufsschule fällt für mich nun leider flach. Man sollte eben doch die passende Regenkleidung parat haben, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist!

4. Woche

Mein letzter Tag mit dem E-Bike. Die Zeit verging wie im Flug und ich bin ein bisschen traurig, dass es nun schon zu Ende geht. Das Wetter ist richtig schön und auf dem Rückweg hole ich mir ein Eis und denke noch einmal an die letzten Wochen zurück. Schön war’s! Und auch, wenn ich nicht immer Lust hatte, nachmittags nach einem langen Berufsschultag wieder nach Hause zu radeln: Es hat SO viel Spaß gemacht! Ich muss mir eingestehen, dass ich diesen elektrischen Drahtesel wirklich ins Herz geschlossen habe...

Der Versuch, klimafreundlich ´“per pedales“ zur Berufsschule zu fahren, hat mir wirklich gut gefallen. Fahrspaß ist garantiert und ich lag falsch in der Annahme, dass Elektrofahrräder nur etwas für ältere Menschen sind! Mittlerweise gibt es ja auch richtig schnittig-sportliche E-Bikes, die nichts mehr mit den klobigen Rädern von anno dazumal gemein haben.

Wenn man nicht komplett aus eigener Kraft mit dem Fahrrad zur Arbeit oder zur Schule fahren mag, ist das E-Bike eine wirklich tolle Alternative. Nach der Berufsschule bin ich meist sehr müde und würde daher ungern mit dem eigenen Trekkingrad den Rückweg antreten. Mit dem Pedelec allerdings fuhr ich auch den Rückweg gern, weil man sich nicht so abstrampeln muss, wenn man mal Gegenwind hat.
Und zu guter Letzt: Man tut etwas Gutes für die Umwelt! Mit dem Bus, belaste ich als Einzelperson meine CO²-Bilanz wesentlich mehr als mit dem Elektrorad. Ich spare 720 Gramm CO² pro Tag ein, wenn ich mit dem E-Bike statt mit dem Bus zur Schule fahre. Ich finde es wichtig, dass jeder Mensch auf diesem Planeten etwas dazu beiträgt, die Erde ein Stückchen sauberer werden zu lassen.