© VCD/Wibke Reckzeh

VCD-Mobilitätskongress 2019

Unter dem Motto Do it Yourself: Verkehrswende angehen kamen die Teilnehmenden des zweiten VCD Mobilitätskongress am 12. & 13. September 2019 zusammen und erörterten, wie eigene Projekte zur Verkehrswende beitragen können. Ein abwechslungsreiches Programm, mit Schwerpunkten zu Lebenswerten Städten sowie zur Projektentwicklung und -umsetzung, bot an zwei Tagen die Chance, sowohl miteinander ins Gespräch zu kommen, als auch erste Schritte anzugehen. Auf der Suche nach Konzepten, die nachhaltige Mobilität voranbringen, kamen zahlreiche Projektideen zusammen.

Zum Einsteig

Den Startschuss gab Kerstin Haarmann vom VCD Bundesvorstand mit ihrer Begrüßungsrede, in der sie die Wichtigkeit der jungen Generation herausstellte. Die Förderung engagierter Schüler*innen, Auszubildenden und Studierenden sowie deren Ideen sei von hoher Bedeutung und ein zentrales Anliegen des VCD. Mit DIY. Dein Mobilitätsprojekt werde dabei bereits diverse Unterstützung zur erfolgreichen Umsetzung geboten.

Wie eine Crowdfunding-Kampagne erfolgreich wird, weiß Milena Glimbovski von Original Unverpackt und Ein Guter Plan. In ihrem Einführungsvortrag betonte sie die Wichtigkeit einer guten Community, welche die Kampagne unterstützt, einer gelungenen Story sowie ansprechende Dankeschöns für die Förder*innen. Nebenbei gab es einen Einblick in das Leben einer Gründerin, welches gängige Mythen widerlegte.  Am wichtigsten bleibt, die eigene Wertschätzung auch im Gründungsstress nicht zu verlieren.

Die Wertschätzung von Menschen untereinander zu fördern, war das Ziel von Davide Brocchi, als er 2013 den ersten Tag des guten Lebens mitorganisierte. Die Idee und Erfolgsgeschichte der Aktion war Thema seiner Eröffnungsrede. Der mittlerweile jährliche Aktionstag lässt Menschen zusammenkommen und verdeutlicht, wie eine Rückeroberung der Straße aussehen könnte.

„Nur das Schenken und das miteinander Teilen sind erlaubt.“

Mit inspirierenden Ideen im Kopf und gewonnenem Mut zum selber machen, gab es im Anschluss die Möglichkeit, im Rahmen von Workshops Themen tiefergehend zu bearbeiten.

Drei Workshops für die Verkehrswende

In drei Gruppen wurde parallel zu den Themen „Autoreduktion in der Stadt“, „Saubere Luft“ und „Lebenswerte Städte“ gearbeitet. Die erste Gruppe, geleitet von Eric Treske, stellte dabei spielerisch nach, wie eine Bürger*innenversammlung zur Neugestaltung eines Viertels ablaufen könnte und veranschaulichte die verschiedensten Interessenlagen.

Wie Luftschadstoffe entstehen und welche negativen Auswirkungen diese besitzen, wurde im zweiten Workshop durch Hanna Rhein von der Deutschen Umwelthilfe präsentiert. Danach wurde es praktischer, denn die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit Feinstaub-Messgeräte zu bauen und diese gleich auszutesten.

Im dritten Workshop wurde der Lebensraum Straße thematisiert, welcher im Brunnenviertel nicht nur von Autos dominiert wird. In Zusammenarbeit mit Frauke Witzler vom Quartiersmanagement und Lisa Buchmann vom VCD wurde ein Kiezspaziergang organisiert, der an verschiedenen Stationen positive sowie negative Beispiele der Stadtraumentwicklung verdeutlichte.

Nach der praktischen Phase wurde es ernst und die Teilnehmenden entwickelten eigene Projektideen, wie zum Beispiel Zebra Streichen, Kiezparcour mobil, Mess deine Umwelt und Park + Platz. Mit der Canvas Methode wurden daraus konkrete Konzepte, die im Plenum anschließend gepitcht wurden.

Scheitern vorprogrammiert? Kein Problem für Maggie Herker. Zum Abschluss des ersten Tages sprach sie über das gesellschaftliche Tabu Fehler einzugestehen und ermutigte uns gleichzeitig dazu dies öfter zu tun.  Denn Scheitern sollte vielmehr als Chance gesehen werden und gehört als wertvolles Element zum Erfolg dazu.

Von der Idee zur Umsetzung

Von bereits erfolgreich umgesetzten Projekten konnten sich die Teilnehmenden beim Markt der Möglichkeiten am zweiten Tag zunächst inspirieren lassen. Mit dabei waren:

  • die Gewinner des VCD-Crowdfunding-Contest: Abstandhalter für Fahrräder
  • Bikeygees: Radfahrtraining für geflüchtete Frauen
  • netzwerk n: Wir gestalten Hochschulen!
  • das von DIY geförderte Projekt Raumcast – ein Podcast zum öffentlichen Raum
  • das Projekt NorOvA der Hochschule Furtwangen
  • die Doktorarbeit zu „Mobilitätsverhalten und Gesundheitsbelastungen“ von Heike Marquart
  • und das Projekt DIY. Dein Mobilitätsprojekt mit Förderprogramm

Im Anschluss wurde das Handwerkszeug zur erfolgreichen Umsetzung thematisiert. Parallel zur Videoproduktion mit dem Smartphone stand eine Session zu Storytelling und Fundraising auf der Agenda. Neben theoretischem Input blieb auch Zeit die ersten Sequenzen zu drehen, Storylines zu verfassen oder nach Motiven des Gebens zu suchen.

Zum Kongressabschluss wurde es nochmal kontrovers. Bei der Fishbowl-Diskussion saßen Daniel Sproll von Extinction Rebellion, Katja Diehl vom VCD Bundesvorstand, Fabian Ladda von Lime Bike, Diana Kinnert von der CDU sowie spontanen Redner*innen aus dem Publikum miteinander auf dem Podium und diskutierten, wie die Verkehrswende in Deutschland möglich wird. Fabian Ladda stellte zunächst klar, dass die E-Scooter eine notwendige Debatte angestoßen haben, welche laut Daniel Sproll jedoch nicht die von ihm gewünschten Handlungen anstößt. Die Aktionsgruppe Extinction Rebellion gibt an, dass für eine klimapolitische Kehrtwende zur Einhaltung der Klimaziele nur 18 Monate bleiben. Die Einhaltung dieser Ziele besitzt auch für Katja Diehl eine hohe Priorität. Damit der Verkehrssektor dazu beiträgt, müssen viele Autos von den Straßen verschwinden, denn nur mit einer Reduktion der Anzahl ist überhaupt eine Verkehrswende zu schaffen. Wie dies im ländlichen Raum möglich wird und gleichzeitig die soziale Teilhabe sichergestellt bleibt, ist ein Anliegen von Diana Kinnert. Strahlkraft bieten einzelne Kommunen, wo die Verantwortlichen aktiv den Klimaschutz im Verkehr vorantreiben. Die Stärkung solcher Leuchtturmprojekte findet Zustimmung bei Kinnert und Diehl. Bei der Frage nach autofreien Innenstädten in Deutschland, wie es in anderen Städten schon umgesetzt wurde, sind die Meinungen erneut geteilt.

Nach dieser lebhaften Diskussion nahm der Tag bei Kaffee und Kuchen einen gemütlichen Ausklang und bot Zeit das Programm gemeinsam zu reflektieren. Wir bedanken uns für die zwei tollen Tage und freuen uns schon auf den nächsten Mobikongress im nächsten Frühjahr, bei dem wir erneut einen weiteren Schritt in Richtung Verkehrswende gemeinsam gehen möchten.

Weitere Impressionen